Zwei Tage Hartelsgraben |
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6. bis 7. Juli 2019 Gesäuse | |
Da wir am Samstag nur zu zweit und von allen irdischen Zwängen befreit sind wollen wir die sonst unzumutbare Steilflanke des Ennsecks über dem Unteren und Oberen Tor hochsteigen und weiter nach Höhlen abgrasen. Der Wetterbericht verspricht einen extra heißen und trockenen Tag – und er sollte Recht behalten! Reinhard, der im Hinblick auf ein paar Tage in den Dolomiten eben noch irgendetwas von „muss erst wieder Klettern lernen“ gefaselt hat schlägt nach dem Einqueren in die Steilflanke vor, gleich gerade durch die Felsrinne unter der Heuschreckenhöhle aufzusteigen. In halber Höhe bitte ich ihn dann an Grasbüscheln klammernd das Seil doch auszupacken. Er macht mir zwar den Gefallen, steigt aber selbst ohne eine Sicherung zu verlangen (woran auch?) und ohne Zaudern das 30 m darüber die Rinne senkrecht sperrende, erdig-brüchige Wandl im 4. Schwierigkeitsgrad hinauf – mit prallem Höhlenrucksack! Oberhalb legt sich die Flanke etwas zurück, aber auch die Höhlenfreudigkeit des Gesteins nimmt ab. Erst nach langer Querung bis nahe zur Ennseckhöhle finde ich die Nixwurzelhöhle, die mit schönen Raum- und Laugformen und mit von Bergmilch überwältigten Wurzeln aufwartet. Noch weiter oben in der Steilflanke stellt sich ein senkrechter, teils überhängender Wandgürtel in den Weg. An seinem Fuß entdeckt Reinhard die ebenfalls schöne und nicht sehr ausgedehnte Felsenquelle. Wir beschließen im Steilgras unter der Wand nach Süden zu queren, wo wir auf die einzige schöne Kletterstelle des Tages treffen, eine 10 m hohe Platte unter Überhängen. Über der Platte können wir zu einem gestuften Pfeiler wechseln. 500 Hm über dem Wandfuß erreichen wir, schon völlig ausgedörrt und auch etwas enttäuscht, durch einen Steilgraben den Bergkamm. Als Rückweg wählen wir die Forststraße zum Hartelsgraben-Jagdhaus. Als ich mich einmal zufällig umdrehe fällt mir in der Böschung über der Straße ein verwachsenes Locherl auf. Ich meine „angschaut g’hörerts schon“ und Reinhard meint „wenn des was is, dann zahl i dir a Bier!“. Der kalte Luftzug am Einschlupf verschärft schlagartig meine Sehnsucht nach diesem Getränk. Während ich also beginne, die zwar nicht sehr behagliche, aber am Ende 63m lange Forststraßen-Bruchfuge zu vermessen erkundet Reinhard die Umgebung und wird unterhalb der Straße fündig: Neben kleineren Objekten trifft er auf ein Loch unter einer senkrechten Felsstufe. Wir sind für heute aber fertig, und steigen nach flüchtigem Besuch der an diese Falltür anschließenden, geräumigen Höhle ins Tal. Beim Jagdhaus läuft zwar der Brunnen, doch von ehemals im Trog eingekühlten Bierflaschen schwimmen nur mehr die Etiketten herum. Anderntags sind Regen und Gewitter angesagt. Simone und ihre Buben stehen trotz der morgendlichen SMS „wenn‘s regnet braucht‘s nicht auf uns zu warten“ pünktlich am Parkplatz. Mein dummes Gerede von wegen wir hätten gestern den ganzen Tag gesucht, um für sie und ihre Buben eine gemütliche, leicht erreichbare Höhle zu finden quittiert Simone mit einem herzlichen „na, da werdet ihr ja eh froh sein, ihr oiden Manner!“ Ihre Buben marschieren tapfer bergwärts, zählen zwischendurch aber diverse Salamander und beschnuppern dies und das, und so holt uns bald der erste Regenguss ein. Das Erkunden der gestern entdeckten Höhle macht den Buben dann natürlich viel mehr Spaß als der Forststraßenhatscher im Regen. Es wird sich später herausstellen, dass der entdeckte Schacht möglicherweise die schon 1947 gemeldete, aber noch nie ordentlich dokumentierte Hartelsgraben-Geisthöhle ist, jedenfalls, wenn sich Ernst Straka nicht geirrt hat. Die Kataster-Ausgrabungen von Hannes werden es zeigen! Die geräumige, trockene Höhle, die wir uns als Biwakplatz im Schneekar wünschen würden, kommt auf 89m Ganglänge. Das Erkunden und die nicht sehr erfolgreiche Viecherlsuche mit Mama sind schließlich schneller erledigt, als die Vermessungsarbeit der oiden Manner ,und so tritt Simone mit ihren Kindern verständlicherweise etwas früher als wir den Abstieg an. Doch kaum ist die Simone weg flattert Reinhard die erste Fledermaus um die Ohren. Wir nehmen noch die Nachbarhöhlen auf und steigen dann direkt über die urwaldige Halde aus hausgroßen Bergsturzblöcken in den Graben ab. Waldviertel-Spezialisten könnten hier vermutlich noch dutzende Überdeckungshöhlen herausarbeiten. Wir begnügen uns aber mit dem Erlebnis dieses verwunschenen Waldes und dem Betrachten der Felsritzungen unten an der alten Hartelsgrabenstraße. Mit zwei neuen Mittelhöhlen und mehr als 200m neuer Ganglänge können wir am Ende doch zufrieden sein. |
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Mit dabei: Reinhard Fischer, Eckart Herrmann, Simone mit Matthias und Benjamin Pysarczuk |
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Vermessen: 220 m |
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