Meine erste Höhlenexpedition

3. bis 6. Januar 2025   Hirlatzhöhle, Dachstein

-Die Hirlatzhöhle liegt auf 870m Seehöhe und ist mit 1.559 Meter Tiefe die zweittiefste Höhle Österreichs. Die tiefste Stelle liegt auf 443m Seehöhe und damit unter dem Wasserspiegel des nahen Hallstättersees. Weiters gilt sie derzeit mit 118km erforschter Länge als drittlängsten Höhle in Österreich. Weiters ist die Hirlatzhöhle eine sehr bedeutsame Höhle unseres Planten, denn in der Länge ist sie auf Rang 20 gereiht und in der Tiefe auf Platz 9. (Stand 14.10.2024).



Die Hirlatzhöhle hat gesamt 6 Eingänge, wobei für eine effiziente Forschung faktisch nur ein nutzbarer Eingang bleibt. Daher sind Forschungen sehr zeitintensiv und aufwändige Expeditionen ziehen mehrere Tage nach sich. Die ersten Erkundungen führten einheimische Forscher im Jahr 1927 durch, aber aufgrund einer wassergefüllten Engstelle war nach 30m Schluss. Erst 1949 wurde ein erneuter Vorstoß unternommen, bei welchen 300m erforscht werden konnte. Durch diesen Forschungserfolg fanden in den Folgejahren etliche Expeditionen statt und bis heute wird weiter geforscht. So zählt auch jene Forschungsexpedition dazu, bei der ich im Jänner 2025 dabei war.



Los gings für uns (5 Höhlenforscher aus Ungarn und 5 Höhlenforscher aus Österreich) vom Höhlenverein Hallstatt-Obertraun in wenigen Autominuten zum Startpunkt (Parkplatz). Der Zustieg zur Höhle war nach 300 Höhenmeter in einer Stunde geschafft. Die Bedingungen waren ganz gut, angenehme Schneesituation am Berg und nicht kalt. Kaum angekommen um ca. 13:00 Uhr, mussten wir bereits durch einen luftigen und steinigen Gang kriechen, um in die eigentliche Eingangshalle zu gelangen. Nach kurzer Rast war der Weiterweg alles andere als fad. Von wandern, kraxeln, klettern, kriechen, und durch Engstellen durchquetschen war alles dabei. Es ging abwechselnd bergauf und bergab, über eine spektakuläre Brücke, über gesicherte Querungen und teils auch über kurze oder sehr lange Leitern voran. Dazwischen beim Blocktunnel haben wir die erste ca. 30 min. Pause gemacht. Das erste Biwak haben wir um 16:45 Uhr erreicht, dafür mussten wir durch die berühmte Sprengstelle (Engstelle). Daher hat auch das Biwak den entsprechenden Namen, nämlich Sprengstellenbiwak.



Nach einer weiteren 30min. Pause gings genauso weiter wie zuletzt, bergauf und bergab. Sämtliche „Sehenswürdigkeiten“ wie der Märchensee, Canyoning, Lehmtürme in verschiedenen Varianten, Mückensunk und eine Lehmburg konnte ich bestaunen. Am lustigsten fand ich dann die sogenannte Klospülung. Unser Tagesziel, das HdS-Biwak (Halle des Staunens), haben wir nach weiteren 2 Stunden um 19:20 erreicht. Ich war echt erledigt und war froh, als ich meinen Schlafplatz fertig eingerichtet hatte. Abendessen gabs für mich dann um 20:50 Uhr.



Die Nacht selbst, es war meine aller erste Biwakerfahrung, war alles andere als angenehm, ständig munter geworden vom Lärm der Wasserstelle, wenig Platz im Schlafsack und nicht wirklich angenehmer Untergrund trotz dicker Matten, aber dennoch aushaltbar. Es war auf jeden Fall ein toller Tag, trotz der nicht so tollen Nacht.



Gesamt absolvierten wir ca. 4,7 km in 7 Stunden und 20 Minuten. Zuerst 270m rauf und dann 130m runter.



Tag 2:

Um 08:00 war Tagwache. Hilfe, gefühlt hab ich nichts geschlafen, tatsächlich habe ich aber sogar geschnarcht, wurde mir zumindest erzählt. Tag zwei war der Forschungstag und um 09:00 gings los.



Wir sind über den sogenannten Hinkelsteinbruch in den Dark-Highway abgestiegen. Angekommen im Bereich Röhrerei war geplant, den versteckten Geheimgang im Kolkodrom zu erkunden. Da wir den Weg ins Kolkodrom nicht gefunden bzw. erst viel später gefunden haben, entschieden wir uns, in zwei Gruppen aufzuteilen. Eine Gruppe vermisst die Mikroröhrerei, die andere Gruppe vermisst einen Seitenteil vom Dark-Highway beim Hinkelsteinbruch.



Ich habe mit Wetti die Mikroröhrerei vermessen, wobei wir dort unerwartet auf Neuland gestoßen sind. Das war sooo cool für mich, wo herumkriechen, wo noch nie jemand war, Wahnsinn. In zwei Stunden haben wir gesamt 100m vermessen und davon 76m Neuland entdeckt. Das Neuland war extrem spannend zu erkunden, denn es ging teils gebückt und teils am Bauch liegend immer weiter und weiter vor, bis wir zu einem Mini-See gekommen sind, OK, vielleicht doch eher eine große Pfütze. Hier wollte ich nicht durch und komplett nass werden, aber aufgrund des Akkuzustandes der Helmlampe wollten wir ohnehin nicht weiter machen, (Ersatzakkus waren im Schleifsack, den wir in der Röhrerei belassen haben) und haben aus Sicherheitsgründen umgedreht. Die heilige Barbara hat hier sicher mitgewirkt bei dieser Entscheidung. Am Weg bis zum Mini-See gab es auch noch zwei weitere Gänge, welche wir leider nicht mitvermessen konnten, und sie bleiben vorerst als Fragezeichen zurück. Neben der niedrigen Ganghöhe war dort drinnen alles spitz, zum Glück hatte ich Knie- und Schienbeinschoner. Meine Hose hat's dennoch nicht wirklich überlebt aber für die restlichen Tage ging's noch.

Nach dem Akkutausch ging es zurück Richtung HdS-Biwak, wobei wir vorher noch einen Abstecher beim Dark-Highway machten, um sich nach einer Abseilaktion noch einen unbekannten Teil anzuschauen. Wie kann's auch anders sein und wer Wetti und mich kennt wird sicher sagen, eh klor.

Nach 9,5 Stunden waren wir um 18:30 wieder zurück und alle freuten sich schon auf das Abendessen.Auch die zweite Nacht war nicht wesentlich besser, aber gefühlt habe ich mehr geschlafen.



Gesamt legten wir am 2. Tag ca. 1.600m zurück und die zweiter Gruppe hat ca. 60m vermessen.



Tag 3:

Der dritte Tag war einerseits der anstrengendste aber dafür auch der spektakulärste Tag. Los gings um 09:20 Uhr durch den „Wilden Westen“ und das Ziel war die berühmte „Sahara“, um dort Wasserproben für Forschungszwecke zu entnehmen. Der Weg dort hin war echt heftig. Wetti meinte zu mir „es ist ein netter Wanderweg“ und ich dachte, naja passt, ist zwar lang aber nix schlimmes. Schmecks.



Klettern im 1. Grad, Klettersteige mit Schwierigkeit bis C-D, extreme Engstellen, canyoningartige Querungen, ausgesetzte Stellen, Blockkraxlerei und bergähnliches Wandern. Höhenunterschied zw. Biwak und Sahara 130m. Teils bin ich mir vorgekommen, als würde ich bei einer Hochtour sein und einen Berg besteigen. Interessant war auf jeden Fall der gräuliche Sand, der immer wieder mal auftauchte, vor allem in der Sahara. Es hat ausgesehen und fühlte sich beim Gehen an wie Schnee.



Unabhängig von der Schwierigkeit des „Wanderweges“ führte uns dieser über den Jalot-Klettersteig, durch die Echokluft, vorbei an verschiedenen Wasserfällen, Megalodonten (200 Mio. Jahre alte Muscheln) sowie dem Grünkogelsee und in die Grünkogelhalle wo auch das Grünkogelbiwak war. In der Sahara gabs dann die Oase, die wir um 14:15 Uhr erreicht haben. Ein See mit einem wundervollen klaren grünschimmernden Wasser. Mittels kleinen Röhrchen und einem Sieb haben wir Wasserproben entnommen. Diese Proben werden für das Projekt „Stygofauna Austriaca“ verwendet. Dieses Projekt der Universität Wien erarbeitet eine bundesweite Ersterfassung der Biodiversität im Grundwasser - wozu auch die Höhlengewässer gehören - und entwickelt Vorschläge für ein zukünftiges Monitoring. An dem Projekt sind gesamt 6 Organisationen beteiligt, unter anderem eben auch der Verband Österreichischer Höhlenforschung, kurz VÖH.



Spannend hab ich beim Rückweg auch gefunden, dass wir an einem Wasserfall vorbei kamen. Dieser war nämlich beim Hinweg nicht da, dürfte mit dem warmen Wetter draußen und der Schneeschmelze zu tun gehabt haben.

Um 19:00 Uhr waren wir dann wieder zurück beim HdS-Biwak. Nach insgesamt rd. 10,5h für rd. 5km war ich aber sowas von erledigt, ich wollt nur noch essen und schlafen. 

Aufgefallen ist mir auch, dass die Wasserstelle beim Biwak viel lauter war und ich nur dachte: "Na hoffentlich saufen wir nicht ab in der Nacht aufgrund des vermehrten Wassers was von der Decke runter kommt". Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass Wetti mitgeteilt hat, dass das Biwak eh sicher ist. Dennoch keine Ahnung, aber diese Nacht war die beste Nacht von allen, wollte in der Früh gar nicht aufstehen. Warum bloß.



Tag 4:

Wieder Tagwache um 08:00 Uhr und Abmarsch um 09:15 Uhr. Trotz Müdigkeit gings mir nach wie vor gut, auch wenn ich echt froh war, den Rückweg anzutreten. Der Weg war naturgemäß der selbe wie am ersten Tag, nur in umgekehrter Strecke und aufgrund des anderen Blickwinkels gabs nochmalig tolle Eindrücke. Beeindruckend war auch, dass sich in der kurzen Zeit Eisformationen gebildet haben, die beim ersten Tag nicht vorhanden waren. Nach gute 5 Stunden waren wir um 14:30 Uhr wieder beim Höhleneingang. Gespannt waren wir alle, wie wohl das Wetter sein wird. Wir hatten Glück, kein Regen, kein Wind und warm. Einzig allein der leicht geschmolzene Schnee machte uns zu schaffen, weil es sehr rutschig war und ausrutschen will man dort oben auf keinen Fall.



Nachdem das auch geschafft war, erfreuten wir uns alle in bester Gesundheit beim Parkplatz heil angekommen zu sein.

Gesamt absolvierten wir ca. 4,7 km in 6 Stunden.



Fazit von der Forschungsexpedition:

Ich bin echt froh, Teil dieser Expedition gewesen zu sein und es war mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht meine letzte. Die Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen machen mich nach wie vor sprachlos und meine Freude kann nicht in Worte gefasst werden. Das, was ich hier erlebt habe, wird immer in Erinnerung bleiben. Weiters sehr toll fand ich die Gruppendynamik und das Zusammenspiel der 10 unterschiedlichen Höhlenforscher sowie die Hilfsbereitschaft untereinander.

Außerdem bleibt mir Wettis Aussage "20 Minuten noch" ewig in Erinnerung, egal wie lange es dauern wird. Es sind 20 Minuten. 



Zum Schluss möchte ich einen großen Dank an Wetti aussprechen, dass sie mich hier mitgenommen hat und mir diese Forschungsexpedition ermöglicht hat.



Bericht: Markus Mundschitz 



        

Mit dabei: Fanni Aliz Florian, Harald Gaudera, Ferenc Kovacs, Ferenc Kulcsar, David Muhm, Markus Mundschitz, Zsolt Nemeth, Lajos Sass, Attila Szoradi, Wetti Wielander
Vermessen: 160 m

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Expeditionsteam. Foto: W. Wielander
Expeditionsteam. Foto: W. Wielander
HdS-Biwak. Foto: W. Wielander
HdS-Biwak. Foto: W. Wielander
In der Mikroröhrerei. Foto: W. Wielander
In der Mikroröhrerei. Foto: W. Wielander
Röhrerei...
Röhrerei...
...und Mikroröhrerei. Fotos: W. Wielander
...und Mikroröhrerei. Fotos: W. Wielander
Oase. Foto: H. Gaudera
Oase. Foto: H. Gaudera

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