Untypische Hirlatz |
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17. bis 19. Januar 2025 Dachstein | |
-„Jo Wawerl, wos mochst denn?!“ Mit diesen Worten beginnt unsere letzte Hirlatztour. Doch halt, zu diesem Zeitpunkt ist die Tour ja schon knappe drei Stunden in Gange! Es ist etwas nach 18:30 als wir uns zusammenpacken und zur Höhle aufbrechen. Die Sterne funkeln vom nachtschwarzen Winterhimmel, die Landschaft ist mit einer dünnen, ganz dünnen Schneedecke überzogen. Wir stapfen zu zweit durch den Wald, immer bergauf, weiter, immer weiter. Am Hochstand vorbei, den Graben in die Höhe, dann die bekannte Querung nach rechts. Weiter, immer weiter. Dann vorsichtig vorbei am umgestürzten Baum, der Boden unter der dünnen Schneeschichte trügerisch rutschig. Das Gelände: steil, immer steiler. Dort oben irgendwo, dort muss sie sein, die Höhle! Also Zähne zusammenbeißen und weiter. Irgendwann die ernüchternde Erkenntnis: Weiter geht’s nicht mehr, zu steil. Also zurück, Weg suchen. Nur blöd, zurück geht’s auch nicht. Was tun, dableiben ist auch nicht wirklich eine Option. Also vorsichtig, Schritt für Schritt, Zentimeter für Zentimeter wieder hinunter, bis man wieder halbwegs festen Boden unter den Füßen hat. Absteigen, Weg suchen. Spelix (am Handy verfügbar – Segen der modernen Technik…) behauptet, 50 m Luftlinie, gerade aus, da sollte sie sein. Das ist in der Situation wenig hilfreich. Hilfreich ist vielleicht jemand, der sich hier besser auskennt als wir, also unseren lieben Katasterwart Bucherl anrufen. „Bucherl, wir stehen hier im Wald und wissen nicht, wie wir zur Höhle kommen!“ „Jo, i siag eich eh!“ ??? Stellt sich doch heraus, dass er grad im Echerntal ist und sich wundert, wer da zu so später Stunde am Berg herumkoffert. „Aber ihr seids heute nicht die ersten da oben, um 7 hab ich schon welche gesehen.“ „Ja, das waren eh auch wir…“ Na ja, was dann kam, war die eingangs zitierte Aussage. Und Bucherls Erkenntnis, dass wir viel zu weit links unterwegs seien. Langer Rede, kurzer Sinn: Mit ein paar guten Tipps von unserem Katasterwart finden wir dann tatsächlich noch den Weg und etwa drei Stunden, nachdem wir aufgebrochen waren, dürfen wir schlussendlich auch die Höhle betreten. Bissl a zache Partie… In der Höhle dafür dann ohne nennenswerte Probleme zum Sandtunnelbiwak im Alten Teil und dabei die wunderschönen Eisfiguren im Zubringer bestaunt. Nach etwa 1 ½ Stunden im Biwak angekommen, noch schnell Wasser geholt und dabei, oh Staunen, meine bei der letzten Tour verloren gegangene Wasserflasche wieder gefunden, sie lag noch brav (und um ein paar Dellen reicher) in der Wasserklamm. Schließlich dann, knapp nach 2:00, Licht aus im Biwak. Samstags erst einmal ausschlafen, Tee kochen, frühstücken, was man halt so macht in einem gemütlichen Biwak. Dann ab Richtung Nordsiphon, die Strecke ist mittlerweile schon gut bekannt, aber nach wie vor etwas anstrengend. Obgleich so nah am Höhleneingang (für Hirlatz-Verhältnisse), gibt es hier doch noch ein paar Fragezeichen – diese zu erkunden war das Ziel dieser Tour. Etwa nach zwei Stunden sind wir auch schon bei unserem Forschungsziel nahe dem Nordsiphon. Kurze Mittagspause, dann ab in die Endschlüfe. Gleich das erste Fragezeichen inspiziert – sehr eng, aber machbar. Nach etwa 8 m steil bergauf führender Schlieferei durch einen hacheligen, schichtfugenartigen Gang meldet Georg: eine Halle! Jö! Na ja, Halle? Aber immerhin können zwei Höhlenforscher*innen nebeneinander aufrecht stehen, wenn sie nicht allzu kontaktscheu sind. Wir nennen den Raum „Zwergenhalle“. Weiter geht’s bergauf, eng, scharfkantig und mit vereinzelten kleinen Wasserbecken verziert, was das Schliefen nicht unbedingt angenehmer macht (aber nicht unspannend – gelegentlich muss hier wohl Wasser fließen). Dann wird’s wirklich eng. Georg ist motiviert und kämpft sich weiter. Schließlich die Erkenntnis: Entweder ein paar Rippen brechen oder aufgeben. Ich plädiere für letzteres, gibt schließlich noch andere Fragezeichen in der Gegend. Wir merken uns den Schluf vor – mit ein bisschen Ausräumen wären da wohl noch ein paar Meter raus zu holen – hinter der Engstelle scheint es zumindest vorläufig weiter zu werden. Also zurück zum „Hauptschlufsystem“ und ein Stück weiter geschaut. Dort, wo die Endschlüfe in die Dornröschenschlüfe übergehen, dann die nächste Engstelle: diese nur kurz, aber knackig. Ich rümpfe die Nase, Georg erweckt den Grottenolm in sich und übernimmt die Führung. Erstes Hindernis: Der Hintern. Position ändern, und siehe da, er passt durch. Dann: der Brustkorb. Hm, ein knöcherner Brustkorb ist weniger flexibel als ein Gesäßmuskel, das sind einfach anatomische Gegebenheiten, was soll ma machen. Mit hochrotem Kopf steckt Georg im Schluf. Ausatmen, noch ein Zentimeter weiter. Wie lange hält man es in ausgeatmetem Zustand im Schluf aus? Auf Georgs Stirne bilden sich Schweißperlen. Nach einer halben Stunde dann die Erleichterung: Er ist durch! Ich weiß allerdings, dass ich ihm durch diese Engstelle nicht folgen werde. Dahinter: Ein Fragezeichen, was sonst. Auf einen weiteren, nassen Schluf folgt dann ein abwärts führender, etwas rutschiger, gebückt begehbarer Gang, der wieder Richtung Nordsiphon führt und leicht bewettert ist. Der Gang wird von Georg auf etwa 20 m Länge begangen, dann beschließt er, umzudrehen – so Neulandvorstöße ganz alleine sind ja doch nicht ganz das Wahre. Aber spannend ist es in dieser Ecke! Ich weiß, ich werde wiederkommen (und nötigenfalls den Schluf mit geeignetem Werkzeug ein bisschen „verschönern“)… Am Rückweg, wir sind beide schon etwas müde, dann noch den „Schlinger“ (nahe Abzweigung vom Geheimgang) inspiziert – auch da wäre noch (enges) Neuland zu holen, wenn man sich nicht davor scheut, nasse Beine zu bekommen. Auch das ein Projekt für eine andere Tour… Essen und Tee (mit Schnaps) im Biwak haben so gut geschmeckt wie nie zuvor. Heimweg am Sonntag dann weitgehend ereignislos, und auch das Absteigen von der Höhle klappt bei Tageslicht ja dann doch deutlich besser als der Aufstieg in der Nacht. Ausbeute: 20 m Hirlatz-untypisches, enges Neuland. |
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Mit dabei: Georg Gasser, Wetti Wielander |
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Vermessen: 20 m |
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